Ich habe über 30 Jahre lang Tiere „genutzt“, weil ich es nicht besser wusste!
Durch meine Eltern und die Gesellschaft bekam ich suggeriert, es sei eben normal die Tiere für alle möglichen menschlichen Zwecke zu nutzen. Ich hätte nie für möglich gehalten, dass ich einmal anders darüber denken würde, ich habe es nie angezweifelt. Bis zu diesem einen besonderen Tag, den ich niemals vergessen werde und der alles für mich verändert hat:
„Hunderte Schafe standen vor dem Eingang des Schlachthofes. Eines nach dem anderen wurde mit Elektroschock betäubt, vor den Augen der anderen. Aufgehängt, die Kehle aufgeschnitten, ausgeblutet, abgehäutet, ausgeweidet, in Einzelteile zerlegt und als Fleisch in die Kühlung geschoben.“
Es war wie ein Messerstich in mein Herz, der mir die Augen geöffnet hat für die leider sehr grausame Wahrheit, die ich so lange nicht sehen wollte. Es fügte sich in diesem Moment alles zusammen, was ich bisher im Rahmen meines Studiums der Veterinärmedizin gesehen hatte. Nicht nur im Schlachthof, sondern gerade auch in den Mastanlagen. Diese Haltungssysteme sind in keiner Weise mit den Bedürfnissen von Lebewesen zu vereinbaren.
Der entsetzliche Gestank nach Ammoniak in der Ferkelproduktionsanlage trieb mir die Tränen in die Augen, ich wagte kaum zu atmen. Überall Schweine, die eingepfercht waren. Ihr ganzes Leben lang nicht nach hinten Blicken, nicht laufen, nicht spielen können, isoliert. Ferkel, einen Tag alt, die zum Sterben auf die Stallgasse gelegt wurden, weil sie zu schwach und krank waren. Überall sah man geschwollene Gelenke, aufgebissene, blutige Schwanzspitzen, die von den Artgenossen aus absolut eintöniger Langeweile angefressen wurden. Und zum Ende bleibt nur noch der traurige Gang in den Schlachthof.
Ich habe tausende Schweine gesehen, wie sie interessiert vom LKW in die Wartehalle des Schlachthofes gelaufen sind. Froh endlich etwas Anderes sehen zu können, eine Abwechslung von der Monotonie ihres bisherigen Daseins. Sie haben mir direkt in die Augen und in mein Herz geblickt, nur um dann ausgeblutet und zerlegt auf den Tellern zu landen als Wiener Schnitzel mit Pommes Frites.
Ich betrat eine Halle mit Zehntausend Masthühnchen und auch hier konnte ich fast nicht atmen. Jeden einzelnen Tag sterben dort etliche Tiere. Sterben heißt in diesem Fall qualvoll verenden. Aber das ist normal, einkalkuliert, jeden Tag geht ein Mitarbeiter durch die Hallen um die toten Tiere einzusammeln und die Ställe zu „säubern“. Die verendeten Tiere landen dann in der Mülltonne.
Ich könnte hier stundenlang weiterschreiben, über frisch geschlüpfte Küken, die im Häcksler ihr Bestimmung finden, über Kälber, die nicht mal erwachsen werden dürfen, über ausgemergelte Milchkühe, die in den Schlachthof humpeln, mit einem Euter so riesig wie ein Medizinball. Sie schleppen sich die Rampe hoch in den Warteraum oder brechen noch auf der Rampe zusammen.
Für mich gab es nach diesen erschreckenden Erlebnissen nur noch eine Möglichkeit:
Ich musste damit aufhören die Ausbeutung der Tiere zu unterstützen und darüber hinaus möchte ich möglichst vielen Menschen erzählen, was ich gesehen und erlebt habe. Vielleicht schaffe ich es auf diese Weise, den ein oder anderen auch zum Umdenken zu bewegen, aus eigener Überzeugung!
Es ist etwas ganz Anderes, wenn man mit eigenen Augen das Leid der Tiere sehen muss.
Ihnen direkt in die wunderschönen Augen sieht und weiß, das sie gleich sterben müssen.
„Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will“ (Albert Schweitzer)
Von Andrea Höhse



