Eine japanische Übersichtsarbeit [1] hat im letzten Jahr verschiedene Studien betrachtet und herausgearbeitet, welche pflanzliche Quellen für Vitamin B12 in Betracht kommen könnten.
Pilze nur theoretisch möglich
Frühere Studien fanden oft kein B12, sondern nur Analoga oder auch Pseudo-B12 in Pilzen. In dieser Studie bestätigte sich zwar, dass fermentierte Nahrungsmittel wie Sauerkraut und Sojabohnen in Form von Tempeh oder Natto geringste Mengen B12 enthalten können, es aber faktisch nicht möglich ist, darüber ausreichend Vitamin B12 zu beziehen. Ähnlich verhält es sich mit Pilzen. Einzig getrocknete Shiitake-Pilze enthalten etwas mehr Vitamin B12. Hierfür müsste jedoch täglich (!) über 60 g der getrockneten Pilze verzehren, um den Bedarf von 3 µg zu decken. Es ist daher eher unwahrscheinlich, dass das gelingt.
Manche Algen produzieren Vitamin B12 für ihr eigenes Wachstum
Etwa 50% der essbaren Algen benötigen Vitamin B12 für ihr eigenes Wachstum und enthalten daher für Pflanzen beträchtliche Mengen. Bei Chlorella-Produkten fanden die Forscher extreme Unterschiede. Manche enthielen überhaupt kein Vitamin B12, andere dagegen recht hohe Mengen. Es gibt noch keine Erklärung dafür, warum das so ist. Chlorella sollte also nur in Betracht gezogen werden, wenn regelmäßige Kontrollen in Form von Blutuntersuchungen gemacht werden.
Shooting-Star Nori
Den höchsten und verlässlichsten Vitamin B12-Gehalt weist die grüne oder rote Nori Alge auf, die auch weniger Jod als andere Algen enthält. Sie tauchte in einer sehr interessanten Studie zur Kinderernährung auf.
Bereits im Jahr 1995 untersuchten Wissenschaftler eine kleine Gruppe von sechs veganen Kindern, die über einen Zeitraum von vier bis zehn Jahren u. a. mit Vollkornreis vegan ernährt wurden sowie eine altermäßig entsprechende Kontrollgruppe. Den Kindern wurden auch Blutproben entnommen. Die vegane Ernährung enthielt täglich 2-4 g getrocknete Nori-Blätter. Kein einziges Kind litt unter einem Vitamin B12 Mangel und auch sonst unterschieden sich die Blutwerte nicht von denen der Kinder aus der Kontrollgruppe. Das war ein wichtiger Hinweis darauf, dass Nori-Algen zur B12 Versorgung geeignet sein könnten.[2]
Risikofaktor Jod
Obwohl Nori-Algen weniger Jod enthalten als z. B. Dulse oder Aramé, liegt der Jodgehalt bei einer Verzehrmenge, die den Vitamin B12 Haushalt decken würde, möglicherweise über dem täglichen Bedarf. Der liegt bei Kindern ab dem 1. Lebensjahr bei 100 µg / Tag und steigert sich langsam auf den Wert für Erwachsene von 200 µg/Tag. Schwangere und Stillende brauchen bis zu 15% mehr, dafür sinkt der Bedarf jenseits der 50 wieder auf 180 µg/Tag. Die WHO empfiehlt deutlich niedrigere Werte. Hier entsprechen 200 µg schon dem erhöhten Bedarf von Schwangeren und Stillenden, Erwachsene sollten nur 150 µg/Tag zu sich nehmen. [3]
Wer seinen B12-Bedarf durch Nori-Blätter decken will, muss täglich 1,5 bis 2 Blätter verzehren. Dabei werden zwischen 150 und 300 µg Jod aufgenommen. Das allein kann schon zu viel sein. Doch Jodsalz wird bei uns standardmäßig überall in der Lebensmittelindustrie und in Großküchen verwendet. Die tatsächliche tägliche Aufnahme kann also um ein Vielfaches überschritten werden und ist auch ohne den Verzehr von Algen kaum kontrollierbar.
Obwohl immer wieder behauptet wird, Jod könne aus dem Körper wieder ausgeschwemmt werden, gibt es einen deutlichen Zusammenhang zwischen einer übermäßigen Jodversorgung und Schilddrüsenerkrankungen wie Hashimoto oder Schilddrüsenkrebs [4]. Jod wird in der zitierten Studie als Umweltgift eingestuft. In Bezug auf Schilddrüsenkrebs zeigten sich die Auswirkungen besonders eindrücklich ab 1996, als in China die Jodierung von Speisesalz eingeführt wurde.[5]
Nicht ohne Laboruntersuchungen
Wer auf Algen als natürliche Quelle von Vitamin B12 zurückgreifen möchte, sollte auf jeden Fall regelmäßig die eigenen Vitamin B12-Werte sowie die Jodwerte untersuchen lassen. Beides lässt sich auch über einen Urintest herausfinden, das ist besonders für Kinder angenehmer als eine Blutuntersuchung. Die meisten Ärzte verlangen, dass die Tests selbst bezahlt werden. Bei einem zuvor festgestellten Mangel, sollten Sie aber darauf bestehen, dass Ihre Kasse die Kosten für die Kontrolluntersuchungen übernimmt.
[1] Watanabe F, Yabuta Y, Bito T, Teng F. Vitamin B12-Containing Plant Food Sources for Vegetarians. Nutrients 2014;6(5):1861-1873. doi:10.3390/nu6051861. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4042564/#B56-nutrients-06-01861
[2] Suzuki H. Serum vitamin B12 levels in young vegans who eat brown rice. J Nutr Sci Vitaminol (Tokyo). 1995 Dec;41(6):587-94. PubMed PMID: 8926531. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/8926531/
[3] Alle Angaben aus den Referenzwerten der DGE
[4] Luo Y, Kawashima A, Ishido Y, et al. Iodine Excess as an Environmental Risk Factor for Autoimmune Thyroid Disease. International Journal of Molecular Sciences 2014;15(7):12895-12912. doi:10.3390/ijms150712895. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4139880/
[5] Dong W, Zhang H, Zhang P, et al. The changing incidence of thyroid carcinoma in Shenyang, China before and after universal salt iodization. Medical Science Monitor : International Medical Journal of Experimental and Clinical Research2013;19:49-53. doi:10.12659/MSM.883736. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3629016/


