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BVL Schreibwettbewerb - Platz Nr. 1 - All you can eat von Agnes Ofner

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1) Sonnenstrahlen greifen nach mir und ich gehe zur Sicherheit ein paar Schritte zurück. Bin vorsichtig. Meine Nase juckt. “Hey”, höre ich. “wollen wir spielen?” Ich will nicht und weiche so lange aus, bis mein Hintern an der Wand ansteht. Mist.”Hazel-“, höre ich die Stimme wieder. “nun hab dich nicht so!”. Kinder waren mir schon immer suspekt. Mir ist klar, dass sie Sonderstatus haben und ich wohl besser noch in einen großen Finger beißen sollte, als in einen kleinen, am besten in gar keinen, aber ich kann mich fast nicht mehr beherrschen. Ablenkung! Gestern war wieder einer von den Großen im Garten und hat sein komisches Paarungsritual gemacht. Er stellt sich dann auf alle vier Beine und drückt den Hintern in die Luft, das verstehe ich noch am ehesten. Aber dann hüpft er zurück auf zwei Beine. Wechselt sich mit den Vorder- und Hinterpfoten ab, verdreht sich komplett in alle möglichen Richtungen und zum Schluss legt er sich auf den Rücken und wartet. Bis jetzt ist noch nie ein Weibchen gekommen und irgendwann steht er dann auf und geht. Vielleicht sollt ich ihm ’mal einen Tipp… Argh, gerade haben mich die kleinen Hände berührt. Pfui! Ich halte die Luft an. Versuche starr in eine Richtung zu schauen. Ich bin nicht da. Ich bin nicht da… Aber aus den Augenwinkeln sehe ich trotzdem, wie die nackten Finger immer näher kommen und näher und ich kann - mich - einfach - nicht - mehr - BEHERRSCHEN.

So. Jetzt ist es passiert. Ich schäme mich ein bisschen.

Das Kind saugt an seinem blutenden Finger und schaut mich vorwurfsvoll an, bevor es sich wegdreht und geht. Dabei hab ich mich bemüht möglichst sanft zu beißen.

Ich bin gerade dabei wegzudösen, als plötzlich ein massiver Buschen Löwenzahn vor meinem Gesicht schwebt. Kurz glaube ich, ich träume schon, da fällt der Buschen vor mir auf den Boden und ich erschrecke mich vor den kleinen Händen, die schon wieder überraschend nahe sind. Doch so schnell sie da waren, sind sie auch wieder weg und ich fühle mich fast ein bisschen schlecht, während ich mich über den Löwenzahn hermache.

2) Ok. Ich geb’s zwar nicht so gerne zu, aber mittlerweile mag ich die kleinen Hände. Sie bringen mir nicht nur Löwenzahn, sie tragen auch mich direkt zum Löwenzahn. In den Garten. Quasi all you can eat. Dafür dürfen sie mich sogar streicheln. Ein bisschen. Zwischen den Ohren. Und dann so auf der Seite. Mit der Sonne am Bauch. Das ist schon in Ordnung. Daran kann ich mich gewöhnen.

3) Meine Nase juckt. Diesmal in freudiger Erwartung. Ich höre Schritte und ganz ehrlich, so ein bisschen Löwenzahn wäre eh schon wieder an der Zeit. Ich ertappe mich dabei, wie ich mit meiner Pfote an der Tür kratze. Das ist so ein Tick von mir. Wenn’s mir nicht schnell genug geht. Ein bisschen peinlich, ich weiß. Aber was soll man machen. Ich hüpfe dem Kind buchstäblich in den Schoß und los geht’s. Vorbei an der Birke und die Böschung runter und dann biegen wir auf einmal rechts ab statt links. „Da drüben ist doch der Löwenzahn, da drüben!“, strample ich mit den Pfoten, aber dann fällt mir ein, dass wir einmal auch bei einem Klee-Buffet waren und vielleicht gehen wir ja dort hin. Wenn ich an Klee denke, läuft mir sofort das Wasser im Mund zusammen, aber ich bemühe mich, ruhig zu bleiben. Das Kind stellt mich auf einem Baumstumpf ab und enttäuscht blicke ich um mich. Weit und breit weder Klee noch Löwenzahn noch sonst ’was Interessantes in Sicht. Bin ich so schwer geworden, dass es mich nicht so weit tragen kann? Da packen mich von hinten plötzlich größere Hände. Sie sind warm. Und irgendwie fühle ich mich sicher, aber irgendwie habe ich auch Angst. Meine Barthaare zittern. Vielleicht war ich wirklich zu schwer und jemand anderes muss mich weiter tragen. Ich glaube da drüben sehe ich auch schon etwas Löwenzahn blitzen. Ganz bestimmt. Dann spüre ich einen dumpfen Schlag auf dem Hinterkopf und mir wird schwarz vor den Augen.

Ein Kind weint.

 

von Agnes Ofner

 

Bildnachweis: Emilytrue, pixabay.com

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