Nun liegt da
s Buch von V.C. Herz endlich vor mir. Der Titel „Das interessiert doch keine Sau“ ist schon einmal provokant formuliert, ich bin gespannt was mich erwartet. Der Untertitel verspricht zumindest „tierisch lustige Kurzgeschichten“.
Die Texte sind in der Tat meistens eine Seite lang, somit auch schnell gelesen. Auch wenn die Geschichten in Themenbereiche untergliedert sind, ist die Reihenfolge nicht vorgegeben, da die Geschichten nicht aufeinander aufbauen. So konnte ich endlich mal ein Buch von hinten nach vorne lesen sowie immer wieder zwischendurch einsteigen und das alles ohne den Ausgang vorwegzunehmen.
Einzig die Suche nach den noch nicht gelesenen Kurzgeschichten gestaltete sich zum Ende hin als etwas schwierig, aber ich wollte es ja nicht anders haben.
In den Texten finden sich auch tatsächlich viele tierische Haupt- und Nebendarsteller, ob lebendig oder als „Tellerdekoration“. Und lustig sind einige davon, oftmals satirisch, noch häufiger mit schwarzem Humor gespickt und im ersten Moment verstörend oder unpassend wirkend. Das muss man mögen, meinen Geschmack haben die meisten der Geschichten jedenfalls getroffen.
Es handelt sich also um eine Sammlung verschiedenster Formen von Texten, die unterschiedliche Aspekte der veganen Lebensweise thematisieren. Mal als Plädoyer, Argumentation oder Faktendarlegung (z.B. gegen die Jagd oder erwarteter Toleranz von Veganer*innen), mal als Dialog bzw. Geschichte, die z.B. bestimmte kulturell geprägte Denkmuster entlarvt. Besonders wirkungsvoll ist dabei die Anwendung eines Perspektivenwechsels, indem die Protagonisten in die Rollen von Fleischfabrikarbeitern, Metzgern, Tierversuchswissenschaftern, Massenmördern oder Außerirdischen schlüpfen… Am Ende eines jeden Textes findet sich ein zum Thema passendes Zitat.
Für Neueinsteiger*innen gibt es zu Beginn eine kurze Einführung in die veganen Lebensweise, einige Tricks wie man dauerhaft vegan bleibt sowie ein “Vegan map” mit Auswirkungen verschiedener pflanzlicher und tierischer Lebensmittel z.B. auf Tierleid oder Umwelt und auch Nährwertangaben wie Kalorien-, Protein-, Fett- und Eisengehalt der ausgewählten Lebensmittel.
Was erwartet die Leser in dem Buch:
- Es finden sich Hinweise auf Redewendungen mit Nutztieren, so am Beispiel des Schweins, die tief verwurzelt sind in unserem alltäglichen Sprachgebrauch und die man auch als Veganer*in oftmals unreflektiert nutzt.
- Auch hilfreich finde ich die vielen Argumentationshilfen in dem Buch. So wie beispielsweise das Herausarbeiten, dass Religion eigentlich ein Glaube an Wundergeschichten ist, da es dabei kein „richtig“ oder „falsch“ gibt. Die Folgen des Fleischkonsums sind dagegen eher Fakten zu beurteilen, die wissenschaftlich belegbar sind. Die Neigung einiger Kritiker*innen Veganismus als eine “Pseudo-Religion” darzustellen, wird durch den Autor präzise widerlegt.
- Treffende und witzige Dialoge wie das Hochloben vom Althergebrachtem, das gleichzeitig im Widerspruch zum Innovations-/Fortschrittsstreben der Menschen steht: etwa der Trend umweltfreundlichere Autos zu bevorzugen und sich gleichzeitig das Argument zu eigen machen, Mensch hätten schon immer Fleisch gegessen.
- In einigen Geschichten werden Parallelen gezogen, auch mal nach meinem Geschmack etwas unpassend und dann wieder passend “wie die Faust aufs Auge “, so dass sich das Merken oder Notieren wirklich lohnt für die nächste Diskussion mit Fleischessern.
- Auch werden beliebte aber doch fehlerhaft anmutende Glaubensmuster von Fleischesser*innen als solche enttarnt und dem Fakten entgegen gesetzt, wie z.B. kann ein respektvolles Verspeisen von Fleisch für das Tier besser sein als “unbewusstes” Konsumieren. Denn “wer Respekt vor einem Tier hat, tötet es nicht.”
- Auch kritische Themen unter Veganer*innen selbst werden thematisiert wie z.B. die Problematik des Freikaufens von Nutztieren bei Bauern. Am Beispiel von Landwirt Herbert Mayer, der kurz vor dem Bankrott dank zahlungswilliger Veganer*innen einen neuen Markt für sich entdeckt hat: Tiere züchten und an ebendiese zu verkaufen. Dabei gilt: je schlimmer deren Zustand, desto mehr Geld zahlen die Veganer*innen. Ein Aspekt, über den man sich durchaus Gedanken machen sollte.
- Das letzte Kapitel mit dem Titel “ein Ausblick” beinhaltet Geschichten einer möglichen zukünftigen Welt. Gibt es bald einen Beschluss, demnach Fleisch nur diejenigen Essen dürfen, die es vorher auch selbst erlegt haben? Gibt es bald in Supermärkten extra eingerichtete Schlachträume für diejenigen, die ohne Fleisch nicht leben können?
Und immer wieder kommt beim Lesen ein Schmunzeln durch mit der Erkenntnis, dass man dem eigenen früheren omnivoren Ich in den Geschichten begegnet.
Sicherlich trifft nicht jede Geschichte den Geschmack eines jeden Lesers. So fand auch ich den einen oder anderen Text nicht 100% gelungen, auch teilweise unpassend. Bei der Fülle der Kurzgeschichten aber kann sich jede*r das Passende herausziehen.
Fazit: lesenswert und das nicht nur für (noch) Fleischesser*innen oder Neu-Veganer*innen. Auch „alte Hasen“ finden den einen oder anderen Denkanstoß.
von Viktoria Präg


